Ich bin jetzt seit fast fünf Jahren mit meinem Verlobten zusammen, seit zwei Jahren wohnen wir zusammen, vor einem Jahr haben wir beschlossen, zu heiraten.
Als wir uns kennenlernten, lebte seine Mutter mit ihrem zweiten Ehemann in Thailand, von wo sie vor ca. drei Jahren zurückgekommen sind. Dadurch kannten wir uns fast überhaupt nicht, hatten aber ein recht gutes Verhältnis, zumindest waren sie immer nett zu mir.
Mit dem Vater meines Freundes habe ich mich bis zu seinem Tod vor dreieinhalb Jahren immer sehr gut verstanden und ihn auch gerngehabt, er mich ebenso...
Vor anderthalb Jahren, wir wohnten seit etwa vier Monaten zusammen, haben wir zusammen übers Wochenende seine Mutter und ihren Mann in ihrem Ferienhaus besucht. Im Laufe des Abends äußerten sie fürchterlich altmodische Meinungen in der Art, eine Frau sollte doch ihrem Mann den Rücken freihalten, dafür sorgen, dass er von der Arbeit in eine saubere Wohnung heimkommt, ihm das Essen kochen, die Hemden bügeln, kurz ihn von vorne bis hinten bedienen wie einen Pascha. Schließlich sei er ja der Verdiener, das wäre doch eine gute Einteilung.
Ich erwiderte, dass ich das nicht als meine Lebensaufgabe ansähe, irgendwem mein Leben lang hinterherzuputzen, wir würden uns die Hausarbeit teilen, überhaupt hätte ich ein ganz furchtbares Gefühl dabei, ihm auf der Tasche zu liegen und gar kein eigenes Geld zu verdienen. Zuhause bleiben würde ich nur, wenn ich kleine Kinder hätte, dann auch sehr gerne, aber sobald diese alt genug seinen, würde ich auf jeden Fall arbeiten. Außerdem sagte ich, Hemden bügeln und Hausarbeit mache mir überhaupt keinen Spaß (mal ehrlich, wem denn schon?), und ich könne meinen Lebensinhalt nicht darin zu sehen, ihm den Hintern hinterherzutragen, wenn meine Arbeit genauso aufreibend und körperlich noch viel anstrengender ist als seine, auch wenn ich nur halb so viel verdiene.
Sie fingen an, mich anzugreifen, und irgendwann hatte ich die Nase voll, und wir gingen. Ich war auch sauer auf ihn, dass er die ganze Zeit nur dabeisaß und mir nicht den Rücken stärkte.
Am nächsten Morgen (wir hatten glücklicherweise in einer Pension übernachtet) fuhren wir wieder hin, und sie stand leichenblass vor ihrer Hütte und sagte wörtlich: "Mein Mann ist zum Baumarkt gefahren, besser, ihr seid weg, bevor er wiederkommt, ich weiß sonst nicht, was er tut. Micha, ich flehe dich an, setz Julia in ein Cafe und dann komm wieder her, wir müssen reden. Du musst dir das nochmal überlegen."
Wir waren vollkommen verständnislos, woraufhin sie mich als Egoistin und feministisches Miststück auf Selbstverwirklichungstrip beschimpfte, die ihren armen Sohn allein nach unseren (noch zu erwartenden) Kindern sehren lassen würde, während ich durchschliefe, und er solle sich das doch wirklich nochmal überlegen mit mir. Ich würde ihn ja nur ausnützen und ihm auf der Tasche liegen und überhaupt wäre ich ja EEEEEEEVIL!
Mir stand der Mund so offen, ich glaubte es einfach nicht! Dann fing sie an zu schniefen und meinte, sie würde sich bestimmt eine Erkältung holen, weil sie ja die ganze Nacht wegen mir, dem Miststück, nicht geschlafen hätte und jetzt hier draußen stünde (kotz! wie pathetisch), und er ging kurz mit ihr rein, und nach zehn Minuten kam er wieder und wir fuhren nach Hause.
In der Zeit danach machte er ihr deutlich klar, dass er mich liebte und mich nicht verlassen würde, und dass sie mich überhaupt nicht kennt und am besten kein Wort mehr über mich sagt.
Ich wollte jetzt auch nicht der Grund für einen Bruch zwischen ihnen sein, denn seine Schwester hat auch schon vor zehn Jahren, als sie gerade mal 18 war, den Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen. Ich habe danach auch versucht, mit ihr mal Kontakt aufzunehmen und über die Gründe zu reden (der Schwester), weil ich von der Mutter nur eine sehr seltsame Version bekommen hatte, aber sie wollte nicht mit mir reden.
Naja, vor einem Jahr haben wir dann beschlossen zu heiraten, und um des lieben Friedens willen hat sie kein Wort mehr drüber verloren, nachdem sie sich, über ein Jahr nach dem Vorfall (vorher hab ich mich geweigert, sie zu besuchen), explizit entschuldigt hatte.
Sie schien sich auch sehr über die Hochzeit zu freuen, bastelte Tischdekorationen etc., bis wir dann am Pfingstmontag, also vor fünf Tagen, unsere Eltern zum gegenseitigen Kennenlernen einluden.
Mann muss jetzt noch sagen, dass die beiden (SE) einen absolut unerzogenen Hund haben. Das ist zwar ein total liebes Tier, zum Glück nicht bissig, aber er ist jetzt ein Jahr alt, und das Einzige, was sie zu seiner Erziehung getan haben, ist, ihn stubenrein zu machen (aber wahrscheinlich hat das auch die Züchterin erledigt *augenverdreh* ).
Ich hatte also Schnittchen vorbereitet, und alle waren ein wenig befangen (vor allem, weil meine Eltern vor Wut geschäumt haben, als ich ihnen von dem Vorfall berichtete, auch wenn jetzt alles wieder in Ordnung zu sein schien), mein Schatz bestritt tapfer den Großteil der Konversation.
Dann sprang der Hund an den Tisch und wollte sich an den Schnittchen gütlich tun, und mein Vater zuckte neben seinem Kopf mit der Hand. Das Tier erschreckte sich, SM nahm ihn auf den Schoß, verhätschelte ihn und sagte, nachher würde der arme Kleine noch Angst vor Männern kriegen etc.
Ganz davon abgesehen, finde ich nicht, dass Hunde aufs Sofa gehören, aber ich hab es mir verkniffen, weil ich wusste, dass sie total empfindlich sind mit dem Viech. (Als mein Freund sie vor einiger Zeit anrief und anregte, dass sie ihm doch mal bebringen könnte, zu gehorchen, was er und ich sehr wichtig fanden), hat sie beleidigt aufgelegt, obwohl er doch sonst ihr Augenstern ist.
Das zweite war, dass ich vorher die Tochter ihres Mannes kennengelernt hatte, diese sehr sympathisch fand und gerne zum Sektempfang nach der Trauung (die, nebenbei, in drei Wochen stattfinden soll!) einladen würde. Das habe ich ihnen auch gesagt, und da guckten sie schon komisch.
Sie nahmen mich später noch ins Kreuzverhör, wie das denn mit der Finanzierung sein, und warum es denn überhaupt so eine große Hochzeit mit einem Großteil meiner Verwandtschaft sein müsste, SIE hätten ja gesagt, wir sollten was Kleines, Intimes machen. Aber hey ich habe den Großteil meiner Verwandten sehr lieb, und wenn es in SEs Familien üblich ist, den Kontakt zu Verwandten und sogar zu den eigenen Kindern abzubrechen (ja, ihr Mann, ich weigere mich, den Schwiegervater zu nennen, hat das auch schon gebracht, nicht nur sie!), heißt das noch lange nicht, dass ich meine Cousins und Cousinen nicht einlade! Denen, zu denen ich keinen Kontakt habe, habe ich eh keine Einladung geschickt.
Und was wollen die überhaupt, wir haben auch auf deren Wunsch die Eltern ihres Mannes eingeladen, obwohl wir denen genau dreimal begegnet sind. Ich wollte mich da jetzt nicht zanken, von seiner Seite wär sonst eh keiner eingeladen gewesen.
Naja, das hatte ich geschafft, sie fuhren dann zum Glück recht früh wieder, und wir hatten einen richtig schönen Nachmittag mit meinen Eltern, die meinen Schatz übrigens "Sohn" nennen und ihn sehr mögen, schon allein deshalb, weil ich ihn mir ausgesucht habe!
Am nächsten Morgen bekam mein Micha dann einen Anruf von SM im Büro, wir sollten die Tochter ihres Mannes nicht einladen, die sei hinterhältig und ich sei ja wohl etwas naiv, sie zu mögen. (Also bitte, wie "hinterhältig" ist das denn bitte?) Und überhaupt, sie wolle keine Rolle bei der Zeremonie übernehmen, schließlich sei sie nicht katholisch.
Vor zwei Tagen dann kam noch ein Anruf, von dem Micha mir allerdings erst heute erzählt hat.
Sie verkündete, sie und ihr Mann würden nicht auf der Hochzeit erscheinen, sie könne kein Essen runterbringen, von dem sie wüsste, dass Micha es bezahlt hat... QUATSCH! Die Verpflegeung bezahlen meine Eltern als Geschenk, und das hat er ihr auch gesagt, woraufhin sie meinte, ja, das wäre eh so eine Sache, wer kleine Hunde schlägt, der schlägt auch Kinder. Mir ist echt die Luft weggeblieben! Sicher, meine Eltern sind nicht fehlerlos, aber sie haben NIE geprügelt, und ich finde es eine Unverschämtheit, solche pauschalen Urteile zu fällen. Aber die sehen alles nur schwarzweiß und machen sich das Leben so halt schön einfach.
Dann fügte sie wohl noch hinzu, er würde sich zu billig verkaufen, und ich würde ihm doch ein Leben lang vorwerfen, dass ich nicht nochmal studieren würde können. Dazu muss ich sagen, dass ich das Studium, weil mir die Disziplin zum Lernen fehlt, aufgegeben habe und eine Ausbildung gemacht habe. Allerdings ziehe ich es in Erwägung, nochmal irgendwann zu studieren. Notfalls, wenn meine hypothetischen Kinder alt genug sind.
Diese Frau hat so eine verdrehte Logik! Sie sagte dann noch, dass sie bei der Frage, ob jemand was dagegen hätte, nicht ruhig bleiben könne (meines Wissens nach wird die heute gar nicht mehr gestellt, hehe), und bla, bla, bla.
Ich bin der Frau einfach nicht gut genug für ihren Sohn. Ich bin zu renitent, ich erlaube es mir, meinen eigenen Willen zu haben, anstatt mich ihrer angeblichen Weisheit zu beugen, ich verlange, dass wir uns die Hausarbeit teilen (seine Hemden bügelt er selber, ich brauch keine gebügelten Sachen, aber dafür bringe ich den Müll runter ;) ), ich bin einfach BÖÖÖÖÖÖÖSE! Und mein Vater schlägt arme kleine Hunde, wenn sie sein Essen wollen.
Und jetzt, DREI Wochen vor der Hochzeit, gibt sie endlich zu, dass sie dagegen ist!
Micha ist natürlich völlig durch den Wind, weil er sonst meist ihrem Rat gefolgt ist, und dem ihres Mannes, weil der immer recht hat (Michas Worte, nicht ihre). Jetzt weiß er nicht, was er tun soll. Im Augenblick ist er gerade bei Flo, einem sehr guten Freund von uns, der jetzt ein Jahr verheiratet ist, um ihn um Rat zu fragen. Er hat jetzt Angst, dass die Heirat nur eine Trotzreaktion ist. Allerdings hat er angekündigt, seiner Mutter einen bitterbösen Brief zu schreiben. Er liebt mich auf jeden Fall.
Nur habe ich eine wahnsinnige Angst, dass sie ihm Gift ins Ohr träufelt. Ich selber werde nicht mehr mit ihr reden und auch Micha bitten, ihr nichts über mich, meine Träume und meine Pläne zu sagen. Das macht er dann auch nicht, aber ich möchte nicht von ihm verlangen, dass er den Kontakt zu ihr abbricht, weil ihn das auch schmerzen würde. Wenn es umgekehrt wäre, wäre das zwar ebenso schmezhaft, aber dann wäre das ihre Schuld. und nicht so sehr meine.
Was soll ich machen, wenn er jetzt, so kurz vorher, sowieso in der Kalte-Füße-Phase, beschließt, die Hochzeit abzublasen? Ich liebe ihn so sehr, aber ich weiß nicht, ob ich dann noch mit ihm zusammenleben könnte. Nicht, wenn er sich so sehr von dieser Giftspritze beeinflussen lässt. Gott, jetzt heule ich so sehr, ich kann die Tastatur nicht mehr erkennen.
Ich hoffe so sehr, dass Flo ihn überzeugen kann, dass er das Richtige tut.
Ich bin so verzweifelt!
Julia