Hallo ihr lieben,
Ich würde gerne eure Meinung zu einem Thema hören, das schon länger an mir nagt.
Die familiäre Situation war schon immer recht angespannt bei uns. Im Prinzip herrschte zwischen den Eltern immer eine emotionale Kälte - schwer zu beschreiben und einzuordnen. Hinzu kam, dass meine Eltern immer im gleichen Haus mit den Großeltern wohnten, was wirklich permanent zu Streit, Hass und Reibereien führte. Mein Vater ist mittlerweile über 60 und versinkt in Selbstmitleid, dass er sich nach wie vor von seiner 85-jährigen Mutter herumkommandieren und erpressen lässt (wenn du nicht sofort xy machst, kriegst du das Haus nicht / streich ich dich aus dem Testament usw ...). Mein Bruder und ich waren schon als Kinder ständiger Kontrolle durch die Oma ausgesetzt (wo geht ihr hin? Wann kommt ihr nach Hause? Ihr wollt doch nicht etwa Freunde einladen usw ...). Kurz: Es war immer sehr schwierig, sowohl mit den Großeltern und den Eltern für sich als auch durch die ständigen Streitereien.
Nun hatte ich kürzlich ein langes Gespräch mit meinem Bruder. Ich selbst bin mit Anfang 20 von zu Hause ausgezogen und erst seitdem hat sich das Verhältnis zu den Eltern gebessert. Mein Bruder wohnt nach wie vor mit Ende 20 bei den Eltern und ist sichtlich genervt (Situation Oma - Eltern, aber auch von den Eltern selbst, die sich zu ähnlichen "Schwiegermonstern" entwickeln wie Oma und Opa damals). Ich habe ihm wie so oft geraten, eine kleine Wohnung zu nehmen, vielleicht auch mit seiner Freundin zusammen. Da meiner Meinung nach die persönliche Freiheit und das eigene psychische Wohlbefinden einfach wichtiger sind, als mietfrei in einem Haus zu wohnen. Da haut mein Bruder den Satz raus: Aus Respekt bzw. Anerkennung vor unserem Vater, der das Haus selbst ausgebaut hat, alle Renovierungen selbst vornimmt, ständig Geld ins Haus steckt usw ... MUSS er zu hause wohnen bleiben.
Er "opfert" sich also selbst auf - im Vergleich zu mir, die es sich leicht macht und lieber wegzieht. Dazu muss ich sagen, dass ich seit ich ausgezogen bin selbst für mich aufkomme. Nun denken mein Freund und ich über Kinder nach. Und allein die Vorstellung, zurück in das Elternhaus zu gehen, also unser Kind solchem Stress auszusetzen und so miteinander zu reden, wie es Eltern und Großeltern jahrelang gemacht haben ... macht mich halb verrückt. Klar, es ist traurig, wenn all die Mühen unseres Vaters umsonst waren und das Haus irgendwann verkauft werden muss. Aber selbst in Kauf zu nehmen, auf Dauer unglücklich zu sein? Ich finde, da hätten uns unsere Eltern ebenfalls Respekt entgegenbringen müssen, auch wenn wir "nur" die dummen Kinder waren / noch immer sind.
Wie seht ihr das? Ist es verwerflich zu sagen, dass man lieber ein eigenes Haus baut oder in einer Wohnung lebt um Streit aus dem Weg zu gehen? Oder geht die "Familie" um jeden Preis vor?