hallo,
ich mache mir große sorgen um meinen sohn. er kapselt sich von seiner umgebung ab und interessiert sich für garnichts mehr.
es fing an, als er in der 8. klasse auf eine realschule wechselte. seine noten wurden zwar besser, aber er musste nichts dafür tun. er hatte ein paar freunde, die ich nur einige wenige male zu sehen bekam. selten ging er aus, abends eigentlich nie. er saß die meiste zeit zuhause, hörte musik, las schopenhauer und nietzsche.
zu leuten, die er seit seiner kindheit kennt ist er immer freundlich und hilft ausnahmslos jedem. er hilft mir auch im haushalt viel, ist ehrlich, eigetlich sollte ich mich nicht beklagen.
mit 16 fing er an zu kiffen, jedefalls fiel es mir da auf. jedoch nur alle paar wochenenden und in den ferien. er gab es zu, als ich ihn darauf ansprach und ich sagte ihm nur, dass er es nicht übertreiben soll. ich hab es ihm nicht verboten, da ich es ohnehin nicht kontrollieren könnte. er raucht nicht, trinkt keinen alkohol und seine schulischen leistungen wurden ja auch nicht schlechter.
er lernte ein mädchen kennen, in einer anderen stadt. wieso er dort war weiß ich nicht. sie schrieben sich immer briefe und irgendwann nichtmehr. als ich ihn fragte, was denn mit seiner freundin geschehen ist, da sagt er mir, dass sie sich umgebracht hätte. zeitgleich hat er seinen realschulabschluss mit der qualifikation fürs gymnasium gemacht. weil er keinen wunschberuf hatte, ging er auch aufs gymnasium, die berufswahl hinauszögern.
etwa zu dieser zeit fing er an richtig arge abneigung seinem umfeld gegenüber zu äußern. nur gegen fremde, nicht gegen famile und alte bekannte. dass er die allgemeinheit als idioten oder sklaven bezeichnete war ich schon gewohnt, aber nun wurden seine kommentare richtig bitter. und wenn ich ihn fragte, warum er so denkt, dann sprach er immer sehr viel, aber ich verstand davon nur die hälfte.
mir scheint, dass er zu lange mit seinen gedanken alleine war.
sein dasein als exzentriker finde ich besonders traurig, weil es nichts an ihm auszusetzen gibt, was ihn in ein soziales abseits drängen könnte. er ist normal gewachsen, vollkommen gesund und verhält sich auch nicht auffällig, ist nicht schüchtern und kleidet sich nicht ausgefallend. es lohne sich hier nicht leute kennenzulernen, sagt er. auf 100 "barbaren" käme nur 1 mensch mit dem er etwas anzufangen wüsste.
mit fast 18 jahren sollte man ja eigentlich auf parties gehen, spaß am leben und an der liebe haben, seinen zielen zustreben, doch er zieht all dem seine kleine welt vor, in der keine zeit zu existieren scheint und alles unwichtig ist. doch ich möchte nicht, dass er alleine ist, wenn er älter wird. ich sehe nacht für nacht, dass das größte übel in solchen großstädten die einsamkeit ist. und ich will nicht, dass mein sohn als eine solche traurige gestalt endet, deshalb muss ich irgendetwas tun. ihm zeigen, dass jeder mensch freunde braucht.
ich hoffe auf euren rat,
anika