Meine Tochter ist seit August d. J. 16 Jahre alt.
Sie hat seit April 2010 einen Freund, der 19 Jahre alt ist. Er lernt Zimmermann, unsere Tochter besucht das Musikgymnasium.
Seit ca. einem Jahr haben die beiden auch Sex.
Anfänglich freute ich mich auch sehr darüber, dass meine Tochter nun einen Freund hat, denn ich gönnte es ihr von Herzen. Ich wollte auf keinen Fall so streng sein mit ihr, wie meine Eltern es mit mir gewesen waren und da die schulischen Leistungen immer im grünen Bereich waren, war auch alles super und wir gaben unserer Tochter sehr viele Freiheiten (wahrscheinlich zu viele).
Es kam, wie es kommen musste: Er übernachtete gelegentlich bei uns und sie bei ihm.
Wir nahmen ihn zweimal im Mai mit über unser traditionelles Himmelfahrts-Wochenende, was wir für ihn mit finanzierten. Das waren auch immer superschöne Tage.
Im Dezember letzten Jahres fragten seine Eltern uns, ob meine Tochter die komplette Familie begleiten dürfte auf eine Reise nach Amerika im Sommer zu den Grosseltern und wir sagten nach einigen Überlegungen zu und finanzierten ihr auch diese sehr teure Reise.
Nach dieser Reise war unsere Tochter verändert.
Sie war sehr auf die Familie des Freundes fixiert. Sie übernachtete an jedem Wochenende bei ihm, schwärmte von der Familie in den höchsten Tönen und kapselte sich von uns immer mehr ab. Wenn es dort etwas zu feiern gab, ging sie früher hin, um zu helfen, wenn er mit seinem Vater irgendetwas am umbauen war, ging sie hin, um zu helfen.
Zuhause helfen war (und ist) jedoch nicht angesagt.
Wenn die beiden mal bei uns übernachteten, schliefen sie bis in die Puppen und wir bekamen sie morgens gar nicht zu Gesicht oder erst, wenn wir schon gefrühstückt hatten.
In seiner Familie ist das sanscheinend so üblich er darf machen, was er möchte und es gibt keine sonntäglichen Rituale, wie wir es gerne haben gemeinsames Frühstück z. B. Wenn wir sie dann doch mal beide geweckt haben zum Frühstück, sassen sie maulig am Tisch - er sagte keinen Ton - und schienen über das Wecken verärgert.
Es fiel uns auch auf, dass unsere Tochter so einige schlechte Eigenarten ihres Freundes angenommen hatte, seien es die in unseren Augen schlechten Essmanieren, oder das lockere Mundwerk, auf jede Kritik erst einmal eine freche Antwort. Aber diese Eigenarten zeigt sie immer nur dann, wenn er dabei ist.
Einmal erschien sie nach einer Übernachtung bei ihm mit zerzausten Haaren und total verschlafen in der Kirche, obwohl wir ihr nur erlaubt hatten, bei ihm zu übernachten, wenn sie am nächsten Morgen anständig in der Kirche erscheint. Sie hatte noch einen gesanglichen Auftritt an diesem Sonntag-Morgen und stand vorne auf der Bühne, als wäre sie gerade aus dem Bett geschlüpft und ich wurde von Bekannten gefragt, ob sie denn krank sei.
Da hab ich sie geschimpft und gesagt, so ginge das nicht, wir hatten klare Absprachen, dann müssten wir diese Übernachtungen eben streichen. Da kam der Freund dazwischen und sagte Hey, lass sie doch, sie ist alt genug und kann selbst entscheiden! Sie sieht doch gut aus.. Da hab ich nur gesagt Vorsicht, sie ist meine Tochter und immer noch hab ich das Sagen! das war der Zeitpunkt, an dem ihr Freund bei mir Sympathie-Punkte verlor.
Im Haushalt zuhause rührt sie keinen Finger mehr, nur noch auf Ansage und dann halbherzig und mit mittelmässigem Erfolg. Ihr Zimmer ist trotz ständiger Ermahnungen ein andauerndes Chaos.
Sie braucht ständig Geld für dieses und jenes, wollte sich schon einen Job nebenher suchen, um sich ihre Extras zu finanzieren, aber auch diese Suche ist halbherzig und daher erfolglos.
Die Krönung für mich als Mama war jedoch ein Ereignis in der Kirche, als beide Familien morgens im Gottesdienst sassen und die Familie des Freundes unsere Tochter in der Mitte hatte, während mein Mann und ich allein eine Bank dahinter sassen. Das war ein Stich ins Herz.
An diesem Tag hab ich alle meine Gefühle herausgelassen und meiner Tochter nach der Kirche weinend die Meinung gesagt, dass es mich stören würde, dass sie mit ihrem Freund schon fast ein eheähnliches Verhältnis hätte, dass sie kaum noch zuhause wäre und wenn sie es denn wäre, doch nur in ihrem Zimmer sei, dass es mich sehr verletzen würde, dass sie uns so aus ihrem Leben ausschliessen würde etc.
Am Nachmittag dann noch grosse Diskussion zuhause, die damit endete, dass wir zunächst die gegenseitigen Übernachtungen aus dem Teeny-Programm strichen, in der Hoffnung, unsere Tochter würde wieder ein wenig mehr zu uns finden. Wir machten ihr viele Vorschläge, dass wir doch gemeinsam mal wieder mit dem kleinen Bruder etwas unternehmen könnten, aber sie weigerte sich, auch nur im geringsten darauf einzugehen das sei alles nicht ihre Welt.
Im Gegenteil, sie warf mir vor, ich hätte sie ein Jahr lang nur unterdrückt und sie fertig gemacht, sie müsste ja sooo viel im Haushalt machen ... und sie sei heute nach der Kirche wegen mir zusammengebrochen und erst wieder auf dem Bett ihres Freundes aufgewacht. Sehr theatralisch.
Als Mutter wurde ich darüber natürlich nicht informiert.
Nein, ich werde seitdem schräg angeschaut von der ganzen Familie des Freundes.
Das erste Wochenende ohne Übernachtung aber mit Erlaubnis, am Freitag und Samstag bis Mitternacht weg zu bleiben, nahte. Am Sonntag-Morgen- ich hörte die Haustür pünktlich um Mitternacht lag ein Zettel auf dem Tisch: Bitte kein Frühstück für mich ich bin zum brunchen bei der Familie meines Freundes eingeladen.. Super.
Am Nachmittag war sie zwar wieder zuhause, auf unsere Bitte hin, aber 90 % des Nachmittags in ihrem Zimmer verschwunden.
Heute nun habe ich in ihrem E-Mail-Account eine Nachricht einer befreundeten Frau der Familie des Freundes an sie gelesen, in der stand: Ich denke an Dich und Deinen Freund und Eure Probleme und hoffe, es geht Dir besser.
Ich weiss nicht mehr weiter.
Ich komme nicht an sie heran.
Sie will es auch gar nicht.
Sie will nur ihren Freund, den sie ja über alles liebt.
In der Schule hat sie jetzt auch zwei schlechte Noten hintereinander heebracht.
Sie unternimmt nichts mit Freunden oder einer Clique, sondern nur mit ihrem Freund.
Ich denke, wir haben alles falsch gemacht, weil wir die Zügel viel zu locker gelassen haben und werden diesen Fehler nicht mehr ausbügeln können.
Hat mal einer einen Tipp für mich?
Ich hab schon überlegt, ob wir sie einfach laufen lassen sie machen lassen, was sie möchte. Vielleicht ist das der Weg zurück zu uns?
Bin ratlos und verzweifelt.