shisha_12331522Re: Nachgehakt
Ja, im Großen und Ganzen war das so. Sicher hast Du Recht, daß an manchen der üblichen wirtschaftlichen Praktiken das System gescheitert ist, aber wird es dem jetzigen System anders gehen? Manchmal, wenn ich an unser ganzes Leben denken, an unsere Umwelt, zugebaute Landschaften, Gesetze unserer Regierungen (welche auch immer gerade am Drücker ist), frage ich mich überhaupt, ob es auf die nächsten 1000 Jahre gerechnet überhaupt noch möglich sein wird, uns aus der Sackgasse des "Selber-kaputt-machens" rauszuholen. Irgendwie dreht sich alles im Kreis, was man auch tut oder in welche Richtung man auch überlegt.
Aber das war ja eher weniger die Frage. Zum Thema Heuchelei und Pioniernachmittage usw:
Sport: weiß ich gerade nicht, was Du genau meinst. Wir hatten unseren ganz normalen Sportunterricht (den ich zugegebenermaßen nicht sonderlich mochte, weil ich ne ganz schöne Niete war), der sich aber zum heutigen Sportunterricht nicht unterscheidet. Zusätzlich gab es für die richtig Guten, wie heute die Sportgymnasien, eben die Sportschulen, wo sicher auch politisch etwas intensiver gearbeitet wurde, was sich aber meiner Kenntnis entzieht, weil: was sollte ich da :-).
Arbeitsgemeinschaften wurden damals so gern besucht wie heute - AG Künstlerisches Gestalten = AG Künstlerisches Gestalten und malen ging heute genauso wie früher. (Vielleicht wurden zum 1. Mai mehr rote Nelken gemalt.)
Pioniernachmittage: Waren teils interessant, teils nicht so, weil Pioniernachmittag hieß nicht prinzipiell "Parteiversammlung für die Kleinen", sondern bestand auch aus Früchte sammeln für die Tiere des Waldes, Altstoffsammlung (würden sich heute viele freuen, wenn es das noch gäbe, und wir konnten uns dabei noch ein bischen Geld verdienen), Besuch bei der "Patenbrigade" (manchmal langweilig, aber hat immer was gebracht, mal ein bischen Geld für die Klassenkasse, Einblick in die Arbeit von Betrieben o. a.)
Der Umgang mit Symbolen wie Halstuch, Fahne, Pionierwimpel, Statuten lernen oder so was gehörte auch dazu, läuft sicher unter politischer Erziehung aber ist das so was anderes als die Arbeit der Pfadfinder?
Westfernsehen: Wurde geguckt (bei mir zwar nicht, da wir schon Mühe hatten, überhaupt DDR2 über die Antenne rein zu bekommen) aber es wurde gesehen. Ebenso Musik gehört, allerdings stark eingeschränkt.
Vielleicht war das bei uns auf dem Dorf auch nicht so wild und in Städten sah das ganz anders aus und ich kann das Ganze auch nur aus der Sicht eines Kindes/ Jugendlichen beurteilen (Baujahr 1971). An wirklich größere Diskussionen mit politischen Argumenten, die damit überhaupt nichts zu tun haben, kann ich mich nur an eines konkret erinnern, als wir in der Schule das Lied "Jeane" (sicher falsch geschrieben, aber egal) von Falko auseinander genommen haben. Da gingen die Meinungen von Schülern und Lehrers doch stark auseinander und ich muß schon sagen, daß wir eine relativ kritische Klasse waren. Aber auch das ging Diskussionen, auch kritische waren möglich, zumindest innerhalb der Schule und sicher auch abhängig vom jeweiligen Lehrer.
Es ist sicher vieles nicht in Ordnung gewesen, was in der DDR gelaufen ist, daß es Bespitzelungen gab u.s.w., allerdings wenn ich bedenke, wie viele anonyme Anzeigen heute von ganz "lieben" Nachbarn, Bekannten, Kollegen bei Bau-, Finanz-, Umwelt- und sonstigen Ämtern landen, die auch heute Menschen in den Ruin stürzen können, dann kann ich nur sagen, das System hat sich geändert, die Menschen sind die gleichen geblieben und schlimmer geworden.
Aber Du hattest ja auch hauptsächlich nach der Kidnerarbeit gefragt und die war wesentlich Kinder- und familienfreundlicher.
Soll jetzt kein Nachheulen nach alten Zeiten gewesen sein. Es ist gut, dass es wieder ein Deutschland gibt, auch ich wäre heute sicher nicht da, wo ich jetzt bin, hätte nicht das erlebt, was ich bereits erlebt habe und ich wäre froh, wenn die Mauern in den Köpfen auf beiden Seiten endlich fielen, denn Betonköpfe, Querdenker und "Idioten" gibt es überall, in Ost-, Nord-, West- und Süddeutschland, in Englnd, Irak, Amerika oder sonstwo auf der Welt, das ist keine Frage der Herkunft sondern der Einstellung.
In diesem Sinne - ein schönes Wochenende!