Habt ihr euch jemals so einsam gefühlt, dass ihr am liebsten aufhören würdet zu atmen? Einfach die Augen schließen und nicht mehr existieren?
Kennt ihr auch die Sprüche:
" Die Zeit heilt alle wunden."
" Alles wird wieder gut."
" Das Leben ist kein Ponyhof"?
Ich könnte kotzen wenn ich so etwas höre... Was, wenn es nicht wieder alles gut wird? Wer kann so tief in mich hineinsehen und behaupten meine Gefühle zu verstehen?
Wie sollen diese "Weisheiten" eintreffen, wenn die, die diese sagen, mich als Täter hinstellen und mir Vorwürfe machen?
Ich suche kein Mitleid. Ich suche Rat von Personen, die sich erfolgreich gegen solche Menschen gewehrt haben...
Für meine Familie bin ich Täter. Ich habe ihre heile Welt und ihre Familie "zerstört".
Und das weil ich ihnen die Wahrheit erzählt habe nach 20 Jahren.
Meine Schwestern und ich hatten endlich den Mut gefunden zu erzählen, was uns angetan wurde.
Von unserem Onkel.
Die Reaktionen waren zerschmetternd. Einen Teil der Familie hat es schlicht einfach nicht interessiert, der andere Teil war anfangs geschockt. Anfangs. Dananch wurden uns Ultimaten gesetzt. Dann folgten die Hasstiraden.
Ich wäre doch alt genug, das selbst zu regeln, wie konnte ich meinem Vater das nur erzählen.
Dazu sei gesagt, dass mein Vater im selben Haus wohnt wie der Täter. Mein Vater ist krank und hat sich jeher von meinem Onkel unterstützen lassen. Sei es durch Einkäufe oder Botengänge. Ich wußte, dass er die Wahrheit nicht hören wollen wird.
Mir wurde auch unterstellt ich würde meinen Onkel psychisch fertig machen, er würde sich nicht mehr aus dem Haus trauen. Auch mein Vater traute sich nicht mehr aus dem Haus.
Warum haben wir solange geschwiegen? Meine Mutter fand es heraus, als ich ein Kind war und drohte meinem Onkel keinen Finger mehr an mich zu legen. Ich bestand aber darauf weiter jedes Wochenende bei meinem Vater zu übernachten, da ich ihn nicht verlieren wollte. Da aber all die Jahre nie ein Gespräch oder eine Reaktion meines Vaters kam, schwieg ich. Ich schwieg im Glauben ihn zu beschützen. Mein Onkel ließ von mir ab und ich dachte es wäre vorbei. Als aber meine kleine Schwester nach 10 Jahren zu mir kam und mir erzählte, er hätte es auch bei ihr versucht, brach für mich eine Welt zusammen. Aber wir schweigten weiterhin für das Wohl der Familie und unseres Vaters.
Es kam wie es kommen musste. Meine Depressionen wurden schlimmer und durch ein Erlebnis kam es zum versuchten Selbstmord. Ich landete in einer geschlossenen Anstalt. Hier erfuhr ich von meiner Mutter, dass mein Vater all die Jahre Bescheid wusste. Sie hatte es ihm erzählt, als sie es herausfand und er hatte ihr nicht geglaubt. Er hatte mir nicht geglaubt.
Die Frage nach dem "warum" wurde immer stärker. Ich hatte immer geglaubt, dass wenn mein Vater bescheid gewusst hätte, hätte er etwas getan um mir zu helfen.
Ich fragte ihn als meine Schwester und ich ihm alles erzählte, ob er es gewusst hatte. Und er sagte "ja". Er hätte meinen Onkel darauf angesprochen und dieser hätte ihm versichert, dass nichts passiert sei. Ich muss da etwas mißverstanden haben. Dabei beließ er es.
Ich weiss das ich ihm seine heile Welt zerstört habe, indem ich ihm auch die Wahrheit über seine bereits verstorbene Mutter gesagt habe, die alles gesehen und geschwiegen hat. Aber ich konnte einfach nicht mehr.
Ich habe seit diesem Tag gemieden, meinen Vater zu besuchen und suche auch keinen weiteren Kontakt. Aber er sucht ihn. Ich habe meinen Tanten und Onkeln schon geschrieben, dass ich mit dieser Familie nichts mehr zu tun haben möchte. Auch meinem Vater hatte ich geschrieben, dass ich keinen Kontakt mehr möchte, wenn er mir weiter vorwirft, ich hätte die Familie und meinen Onkel zerstört.
Sie leben weiter, als wäre nichts passiert. Sie laden mich zu Familienfeiern ein. Auch meine jüngere Schwester lebt weiter wie zuvor. Ich vermute um nicht aus der Familie verstossen zu werden.
Doch ich kann und will es nicht. Wieso soll ich mich weiterhin qüälen und eine heile Welt vorspielen, damit sie ihre haben? Meine Schwestern und ich haben lange genug gelitten.
Mein Therapeut aus der Klinik meinte, mit dieser Aussprache wird alles besser werden. Aber ich wusste, dass es das nicht wird.
Auch die Beratungsstelle für Missbrauchte Frauen hat dies vorhergesagt und von der Anzeige abgeraten, da mein Onkel nicht im Gefängnis landen würde, im besten Fall wären Sozialstunden erreichbar.
Nun ist es so, dass merkwürdigerweise ich Schuldgefühle bekomme. Ich bin erneut in Therapie, da meine Depressionen und Albträume schlimmer denn je sind. Meine Therapeutin rät mir ebenfalls den Kontakt abzubrechen, Neue Telefonnummer, etc.
Aber ich bekomme es nicht hin...
Es ist so dämlich, denn ich weiss, was ich möchte. Ich möchte keinen Kontakt mehr um mein Leben endlich in den Griff zu bekommen. Aber wenn ich darüber nachdenke die Telefonnummern zu ändern, meine Kontakte auf Sozielnetzwerken zu blockieren, bekomme ich es nicht hin. Ich habe wirklich Schuldgefühle meinem Vater gegenüber, der ja all die Jahre "mein Ein und Alles" war. Sein Geburtstag rückt immer näher und mir wird schlecht bei dem Gedanken hinzugehen. Ich überlege mir 1000 Ausreden die ich vorbringen kann und es geht mir mies dabei...
Habt ihre etwas ähnliches erlebt? Wie habt ihr es geschafft euch loszureissen, ohne das es euch dabei noch schlimmer erging?
Ich wäre wirklich dankbar für euren Rat, denn ich weiss nicht, was ich tun soll, da ich wie gesagt immer depressiver werde und meine Albträume zunehmen.