Notwehr - und wo lebe ich eigentlich?
Hallo Leute,
habe grade erst bemerkt, wie diese Diskussion hier angewachsen ist... und möchte dann doch noch etwas zu meinem Beitrag unten sagen.
Tja, die Notwehr ... vor dem Gesetz ist das immer eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Wenn einem Erwachsenen jemand etwas wegnimmt (zum Beispiel die Vorfahrt!), dann gilt es nicht als Notwehr, an der nächsten Ampel auszusteigen und sich sein vermeintliches Recht durch eine Rempelei zu verschaffen. Und wenn mir in der vollen U-Bahn jemand blöd kommt und mich unsanft zur Seite schiebt (man kann auch sagen stößt), dann darf ich auch nicht draufhauen. Notwehr wird akzeptiert, wenn es ernsthaft um Leib und Leben geht, aber mal ehrlich: Das muss man sicher nicht extra im Kindergarten- und Schulalter trainieren. Die eigene Haut zu retten, ist wohl ein selbstverständlicher Reflex.
Vielleicht sagt ihr jetzt, die Beispiele sind an den Haaren herbeigezogen, aber mir geht es ums Prinzip. Auf jeden Fall fährt derjenige besser, der beizeiten gelernt hat, Gewalt nicht unmittelbar mit Gewalt heimzuzahlen, auch wenn der Angegriffene "im Recht" ist.
Wir leben im Schmelztiegel Hamburg, noch dazu in einem sehr gemischten Stadtteil. Mir wurde oft vorausgesagt, dass ich meine Kinder durch meine (unsere, mein Mann ist der gleichen Ansicht) Anti-Gewalt-Erziehung in die falsche Richtung dränge. Aber nichts da: Sie sind 4. und 6. Klasse, also mit Schulhoferfahrung, und sie werden nicht systematisch verdroschen. Sie halten auch nicht die andere Wange hin, wie unten unterstellt wurde - sie gehen einfach weg. (Mein Sohn ist Klassensprecher und kann auch verbal schon ziemlich gut deeskalieren - irgendwas scheint meine Arbeit also gebracht zu haben.) Platz zum Weggehen und Nicht-provozieren-lassen ist eigentlich fast immer. Und wenn die Situation "viele gegen einen" eintritt, dann hilft das körperliche "Wehren" nicht viel, es sei denn, der "eine" ist ein durchtrainierter Kampfsportler und die "vielen" alle schlaffe Säcke. In solchen Fällen ist nicht die körperliche Gegenwehr gefragt, sondern die Aufsicht der Lehrer, Eltern und Erzieher, da gebe ich Maralea vollkommen Recht.
Übrigens können wir auch in anderen Hinsicht gegen herrschende Vorurteile "anleben". Unsere Kinder sind noch nie doof angemacht worden (obwohl mir das unzählige Male prophezeit wurde), weil sie nicht fernsehen (sie dürften, wenn sie wollten, aber wir als Eltern machen die Glotze auch nie an) und andere Musik hören als ihre Klassenkameraden. Vielleicht bringt es eben doch mehr, das ruhige Selbstvertrauen zu stärken, als einem Kind schon im Kindergarten grünes Licht zum Schlagen zu geben.
Und nein - ich glaube nicht, dass wir hier auf der Insel der Glückseligen leben.
Dies dazu :-)
Tiny