Guten Morgen Hamburg :-)
Du hast es ja auch nicht einfach. Ich weiß wie schwer schon sicher die erste Ehe auf Dir lastet und dann auch noch das mit der neuen Beziehung. Das Leben ist oft nicht einfach.
Ich habe jedoch das Gefühl dass Du mit den Dingen sehr gut umgegangen bist. Du hast Dir eine schöne Wohnung genommen (die Du im übrigen sehr schön beschrieben hast), so wie man es in dieser Verfassung gerade braucht, hast dem Sohn in der schweren Zeit durch die spätere Einschulung alles ein wenig leichter gemacht und hast Dich auch nicht Hals über Kopf in eine neue Beziehung gestürzt, sondern erst mal die Trennung verarbeitet.
Weißt Du, da hat Dein Sohn schon die Probleme wegen der Scheidung und dann noch ein neuer Mann und obendrauf noch dieser Sohn. Wie viel kann ein Kind denn noch ertragen. Es war richtig damals die Notbremse zu ziehen. Denn er hat eine Mutter auf die er sich verlassen kann. Oftmals haben Frauen die so was durchgemacht haben, auch ganz tolle Söhne. Ich hatte mal eine Freundin mit so einem Sohn und konnte das auch sonst so beobachten.
Worüber ich mich wundere ist, warum sein Sohn erst zu Euch kam, als ihr in das Reihenhaus gezogen seid und was das für eine Mutter sein muss wo das Kind so schlecht gerät?!
Es ist richtig den Jungen von Euch und Eurem Sohn fernzuhalten. Aus meiner Erfahrung als Juristin im Jugendstrafsachen weiß ich dass sich da sonst Abgründe auftun können. Genau in solchen Konstellationen wird dann auch die ganze Familie mit in den Abgrund gerissen und damit auch Kinder die eigentlich sonst problemlos aufgewachsen wären. Man muss da klare Grenzen ziehen, am besten noch bevor es der Staat tut. Denn dann ist alles schon zu spät.
Leider ist es bei solchen Kindern oft so, dass sie als Kleinkind einfach nur unerzogen sind und als Teenager sich das ganze in Schulversagen und Kriminalität abzeichnet. Und das ist dann nicht mehr so süß oder schön zu reden. Genau das meine ich damit, wenn ich sage dass die Männer die der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen und diese Kinder schön reden, dem Kind damit keinen Gefallen tun. Denn später werden sie noch kriminell und führen kein gelungenes Leben. Sie vernachlässigen es dadurch auch noch einmal selbst, also zusätzlich zur Mutter.
Wenn Dein Freund die Wahrheit eingestanden hätte, dann hätte es nicht zu soviel Unmut bei Euch geführt und es hätte weiterhin einen Kontakt geben können. Wenn er in diesem Kontakt dann dem Kind auch mal Erziehung gegeben hätte, statt ihm seinen Lauf zu lassen, dann hätte vielleicht auch einiges verhindert werden können. Schade.
Darauf, was Du mit Deinem Sohn über Dich ergehen ließest, hatten wohl auch die Schulen keine Lust. Da kommt dann das wahre Ausmaß des Betragens des Kindes nämlich schwarz auf weiß zum Vorschein und der Mann kann es da nicht mehr verleugnen, dass da was nicht stimmt. Und den musste Dein Sohn so lange über sich ergehen lassen. Das tut mir sehr leid und gut dass es ein Ende hatte. Schlimm, dass es jedoch immer noch Auswirkungen auf Eure Beziehung hat, denn die Geister der Vergangenheit wird man nur schwer los.
Das ist wieder mal einer der typischen Trennungskind Fälle, wo einfach mal so Kinder in die Welt gesetzt werden ob nun um den Mann zu halten oder aus einer Gleichgültigkeit heraus und diese Kinder dann von der Mutter total vernachlässigt werden und vom Vater in den Himmel gelobt, verwöhnt und auf einen Podest gestellt werden, wo der Mann das Ausmaß nicht wahrhaben will, wie schlecht es um das eigene Kind eigentlich steht. Da werden gleich zwei Augen zugedrückt und der Mann ist blind für jede Kritik. Unerträglich für ein gesundes Familienleben. Vor allem verstärkt es die Störung die er hat noch weiter, statt sie zu mildern.
Echt traurig, dass Dein Freund noch nach Jahren wieder in das selbe Muster zurück verfiel, sobald sein Sohn wieder in Eurer Haus kam. Da kann man schon sagen dass Dein Freund einiges bei Euch kaputt gemacht hat dadurch. Und jetzt redest Du nicht mal mehr mit ihm. Das ist alles sehr sehr schwer.
Klar ist es auch für ihn hart, einen Sohn zu haben, der nicht gesellschaftsfähig und sozial anpassungsfähig ist. Das ist wirklich ein großes Problem für ihn. Denn die Männer stellen ja oft ihre durch die falsche Erziehung der Mütter missratenen Kinder als so toll hin, weil sie selbst hilflos sind. Sie wollen den Kontakt. Aber die Kinder sind in vielen Fällen sehr schwierig. Sie können daran jedoch nichts ändern und verfallen in ihrer Hilflosigkeit in das Verhalten alles schön zu reden und so hinzustellen wie sie es gerne sehen würden. Männer sind ja große Verdränger und können sich eine Realität zurecht malen die überhaupt nicht existiert.
Er ist ja hilf- und machtlos demgegenüber wie sein Sohn erzogen wird. Er kann in der kurzen Zeit daran nichts entscheidendes ändern und leidet selbst darunter bzw. würde mehr leiden wenn er sich die Katastrophe eingestehen würde. Es wurde ihm dann halt durch Schulen und durch die Psychiatrie klar gemacht und er musste es dann halt wohl oder übel akzeptieren die unbequeme Wahrheit!
Die gesunde Vorgehensweise wäre gewesen, dass er sich vorher schon den Zustand des Kindes eingestanden hätte und sich Dir anvertraut hätte. Denn ihr seid ja eine Familie. Aber dann hätte er sich ja Versagen eingestanden. Und ich denke dass er aus einer konservativen Familie kommt, wo es so was nicht geben darf. Man hat leistungsstark und Top zu sein. Über Probleme redet man nicht groß bzw. geht nicht in die Tiefe.Dabei erkennt er nicht, dass allein der Umstand, dass er einen Sohn hat der nicht bei ihm lebt, ja auch schon ein Versagen ist. Dass er es schön redet macht das ja nicht besser.
Ich denke jedoch dass Dein Freund selbst auf Deinen Sohn eifersüchtig ist. Und das erschwert alles noch weiter. Er ist darauf eifersüchtig dass Dein Sohn erfolgreicher ist und besser als sein Sohn geraten ist. Klar, das ist ja auch der Sohn DER Frau, die er sich zum zusammenleben ausgesucht hat. Also kein Zufall.
Er ist jedoch auch eifersüchtig auf Deinen Exmann. Denn immerhin ist das der direkte Konkurrent. Dein Exmann hat einen wohl geratenen Sohn und Dein Freund nicht. Ich denke dass er sich als Dein neuer Partner sicherlich auch immer wieder mal mit Deinem Exmann vergleicht. Und das kann dann schon weh tun. Ein Eingeständnis seines Versagens würde ein Eingeständnis dessen sein, dass seinem Konkurrent etwas hat, was ihm fehlt. Dabei will er Dir doch als Mann viel bieten und auch mehr als es Dein Exmann tat.
Das ganz birgt ziemlich viel Zündstoff in sich. Ich denke dass er sich vielleicht nicht so uneinsichtig verhalten hätte, wenn es Deinen Sohn nicht gegeben hätte.
Frauen ohne Kinder, die mit Männern zusammen kommen die schon ein Kind haben, erleben ja auch, dass das Kind dann schön geredet wird. Aber ich denke nicht dass es so problematisch ist, wie wenn dann die Frau selbst dann auch noch ein wohl geratenes Kind mitbringt. Und bei Dir eben noch der zusätzliche Umstand, dass er den Kindsvater auch noch so gut kennt. Da wird er sich natürlich total wiederstreben Versagen einzugestehen. Und das schafft viel Unmut und viele Probleme. Bei Dir kommen halt auch so viele Dinge auf einmal zusammen. Hier existiert quasi ein Doppelt- und Dreifach Problem.
Auf jeden Fall rührt sein Verhalten daraus, dass er selbst sehr viele Probleme mit der Situation hat. Vielleicht hätte es gut getan, wenn er ein gemeinsames Kind mit Dir bekommen hätte. Das hätte vielleicht den Zusammenhalt gestärkt und dann hätte er ja auch Nachwuchs auf das ER selbst Einfluss gehabt hätte und auf das er stolz gewesen wäre. Dann hätte es ihm nicht so weh getan, dass er so wenig Einfluss auf seinen Sohn hatte. Er hätte weniger Verlustgefühle gehabt. Außerdem hätte das auch vielleicht die Großeltern mit Euch versöhnt. Kinder können ja Wunder bewirken.
Erschwerend kommt ja hier hinzu dass Dein Kind auch ein Junge ist. Das verstärkt natürlich die Konkurrenz-Situation. Sowohl für ihn selbst, als auch für seinen Sohn. Das ist ja auch alles nicht so einfach für ihn. Grundsätzlich tun sich ja Männer in solchen Konstellationen mit Töchtern der Frau leichter.
Vielleicht wäre es gut, wenn auf beiden Seiten mehr Verständnis füreinander aufgebracht werden könnte. Du machst alles schon richtig. Jedoch könntest Du mit ihm noch mehr über seine (negativen) Gefühle reden. Denn die bewegen ihn ja zu seiner Haltung. Es wäre gut Verständnis dafür aufzubringen dass die Konstellation und Situation auch für ihn nicht einfach ist, sehr problematisch ist und er auch unter allem sehr leidet. Ihm geht es bei allem ja auch nicht gut. Jedoch bringt ihn die Lage dazu in Ausflüchte auszuweichen die Unrecht schaffen, statt dass er sein Leid und sein Problem ausspricht. Ihr seid bei dem Thema Kinder nicht ein Paar, sondern zwei sich bekriegende Parteien - und Krieg in der Beziehung ist Gift. Klar, denn Du hast ja gegenüber Deinem Sohn auch eine Verpflichtung, wo er es ja ohnehin nicht leicht hat. Du kämpft wie eine Löwenmutter um ihn. Weißt Du, das wichtigste für Deinen Sohn ist, dass er eine Mutter hat die für ihn da ist und die so gut alles im Griff hat Dein Sohn hat also trotz aller Verluste etc. sehr viel. Dein Mann bräuchte eigentlich auch einen Fürsprecher. Eigentlich bist Du das ja sonst. Aber hier werdet ihr zu Konkurrenten. Daher wäre es gut, wenn Du auch hier mehr Partnerin für ihn bist und ihn auch bei diesem Thema mehr in den Arm nimmst. Du musst dann eine doppelte Rolle annehmen. Also sowohl kämpfende Mutter als auch fürsprechende Partnerin für Deinen Freund. Nicht einfach, ich weiß.
Eine Familien-Therapie wäre auch von Vorteil, wenn er mitmachen würde.
Ich wünsche Euch viel Glück bei allem.
Lieben Gruß