Hallo Leute,
folgendes schreibe ich hier nicht in dieses Forum weil ich Meinungen hören möchte oder um Rat bitten möchte sondern einfach weil ich diese ganzen Sache gerne mal gesagt haben möchte. (Ihr dürft euch aber trotzdem darüber äußern). Meinen Freunden möchte ich so etwas nicht erzählen. Ich möchte einfach nicht, dass sie meinen Vater für ein ... halten oder andere Urteile nur aufgrund der paar Geschichten haben. Ich habe einmal ein paar Bruchteile meiner damaligen Freundin erzählt, die hat daraufhin meine Familie immer etwas skeptisch gegenüber gestanden. Das möchte ich nicht noch einmal. Außerdem hat jeder so Sachen, die besonders schwer für einen sind und ich möchte meine nicht jemand anderen auflasten oder Ähnliches. Hier hingegen genieße ich eine gewisse Anonymität und kann daher alles aufschreiben was mich bedrückt. Ganz unzensiert ^^
Erwartet jetzt nichts krasses. Es ist nichts großartig schlimmes aber für mich war es wohl das prägenste Ereignis in meinem noch jungen Leben und es beschäftigt mich sehr.
Erst mal zu mir:
Ich bin 18 Jahre alt, gehe auf ein örtliches Gymnasium und wohne bei meinem Vater mit 4 Geschwistern.
Viele haben mich schon gefragt, warum ich bei meinem Vater wohne. Ob meine Mutter tot sei oder ob sie einfach eine schlechte Mutter sei werde ich ungeniert gefragt. Ich finde das ehrlich gesagt immer viel zu persönlich und eine Frechheit mich so etwas zu fragen. (Erst neulich hat mich das mein Chef gefragt). Von anderen Müttern kommen dann solche Sprüche wie Ich als Mutter hätte solange gekämpft bis meine Kinder bei mir wohnen. Aber es ist eben nicht immer so einfach wie man es sagt. Der Grund warum ich nicht bei meiner Mama wohne, obwohl sie gesund und die beste Mama ist die ich mir vorstellen kann, liegt einige Jährchen zurück.
11 Jahre alt war ich alt (zumindest glaube ich das), als sich meine Eltern trennten. Den Grund dafür habe ich damals schon gewusst. Mein Vater hat eine andere. Wochen später musste ich sie auch schon kennen lernen. Ich habe mir ganz fest vorgenommen, diese Frau mit viel Hass zu begrüßen. Immerhin war sie die Frau, die unsere Familie auseinander brachte. Leider ging das nicht, weil diese Frau einfach viel zu nett war. Ich hab sie sofort gemocht. Sollte ich mir dafür Vorwürfe machen?
Nun ja, jedenfalls wohnten wir damals noch bei meiner Mutter, in unserem Familienhaus. Nur eben ohne Vater, der ist in ein 5km entferntes Haus gezogen, wo er offenbar schon länger mit seiner Neuen hauste.
Es war anfangs nicht besonders schwer. Denn es hatte sich nicht wirklich viel geändert. Mein Vater war damals schon immer derjenige gewesen, der selten versucht hat seine Kinder zu erziehen. Das überließ er der Mutter. Kam er abends nach hause, ist er ihr in den Rücken gefallen. Sollten wir beispielsweise noch Hausaufgaben fertig machen, sagte er das sei nicht so wichtig und ließ und Fernseh gucken oder Computer spielen o.Ä. Für uns war er daher immer der Held. Er hat einfach alles erlaubt und hatte Mama auch gut im Griff. Wenn die Hausaufgaben, bei der mir meine Mutter immer geholfen hat, mal wieder zur Qual wurden, war ich als Kind immer sauer auf meine Mutter. Sie war natürlich immer streng, was ich im Nachhinein auch ziemlich gut fand. Nur damals natürlich nicht. Abends bestrafte ich sie immer damit, dass meinem Vater ganz lieb eine Gute Nacht wünschte und an meiner Mutter wortlos vorbei ging. Meine Mutter hat mir mal gesagt, wie traurig sie das abends gemacht hat. Seit dem möchte ich mich dafür gerne entschuldigen aber ich schaffe es irgendwie einfach nie. (Ich sehe sie schon so selten und wenn ich sie sehe, möchte ich nicht ihre oder meine Laune verderben.) Ich weiß, ganz schön schwach von mir.
Der erste der bei meinen Vater einzog, war mein älterer Bruder. Er hatte sich besonders oft mit meiner Mutter in den Haaren, weil er ein echt unordentlicher Mensch ist. Sie hatten sich meistens wegen des unortentlichen Verhaltens gestritten. Während eines Streits fing mein Bruder nach der Trennung irgendwann mit den Sprüchen Na dann zieh ich eben zu Papa an. Irgendwann hat meine Mutter aus Wut gesagt Na dann mach das doch!. Und wie genau weiß ich nicht aber ab dem nächsten Tag wohnte mein Bruder bei meinem Vater. Nur ein paar Tage darauf hatte mein Mutter einen Autounfall. Es wurde keiner verletzt aber das Auto war nicht mehr zu gebrauchen. Mein Vater hat ihr aber anstelle eines Busses, den wir vorher hatten einen Kleinwagen hingestellt. Mit der Begründung Ja, du hast ja nur noch 4 Kinder. Meine Mutter hat mir die Geschichte ein paar Mal erzählt, ich selber habe diese Szene nicht mitgekriegt. An dieser Stelle fing sie spätestens an mit den Tränen zu ringen.
Da unser Bruder ja nun bei Papa wohnte, waren wir zwangsweise auch öfter bei Papa. Er fing irgendwann an uns Geschenke zu machen und sagte dann Wenn du dann irgendwann bei mir wohnst, bekommst du einen neuen Computer / ein neues Fahrrad usw. Und in ganz bizarren Fällen hatte er sogar gesagt Wenn ich keine Kinder hätte, würde ich Deutschland verlassen Und ehe wir uns versahen, wohnten wir alle Kinder bei meinem Papa. Was wir damals nicht mitkriegten war aber, dass meine Mutter dabei natürlich nicht einfach gesagt hat Ok, dann kriegst du die Kinder. Es ging heiß her bei den beiden. Mein Vater drohte dann mit dem Anwalt, woraufhin auch meine Mutter zum Anwalt ging. Der Anwalt machte ihr viel Mut. Sie könne den Prozess gar nicht verlieren, weil sie die Mutter ist, die all die Jahre für die Kinder gesorgt hat. Aber bevor es zu irgendeinem Prozess kam, hat mein Vater sie noch mehr bedroht. Er würde sowieso nichts mehr zu verlieren haben, wenn er die Kinder nicht kriegt. So etwas soll er wohl gesagt haben. Wie schon erwähnt. Von uns Kindern hat es keiner mit gekriegt aber ich glaube da meiner Mutter. Bei sowas würde sie nicht lügen und sie ist auch nicht darauf aus meinen Vater schlecht zu machen.
Wir wohnten dann also eine Zeit lang bei meinem Vater. Immer mal wieder haben wir mit meiner Mama in dem alten Familienhaus übernachtet. Die Heizung war bereits ausgeschaltet und Möbel waren auch kaum noch welche da. Womit wir uns zu sechst ins Wohnzimmer mit einem Heizungslüfter gekuschelt haben. Ich weiß es noch ganz genau, am nächsten Morgen war das Nutella hart wie Stein. Aber es war trotzdem irgendwie wie Urlaub und sehr schön.
Der Alltag lief nicht so gut. Meine Noten wurden grottenschlecht, ich musste zum Schulpsychologen. Der hatte im Übrigen mal so gar nichts gebracht. Der wollte einfach nur das hören, was er sich vorher zurechtgestrickt hatte. Ich erinnere mich noch an einen Tag, wo ich mein Vater mal wieder über eine schlechte Note berichten musste und weiß auch noch, dass wir uns gestritten hatten. Er sagte dann Was glaubst du eigentlich warum sich Mama und ich so oft gestritten haben? Wegen dir und deiner schulischen Leistung!.
So sollte es aber nicht immer weiter gehen. Eines Tages klopfte die Polizei an unsere Tür. Meine damals 14 Jahre alte Schwester wurde mit vorgehaltener Waffe von der Polizei aus dem Türrahmen geschoben. Sie durchsuchten das ganze Haus, mein Vater musste sich bis auf die Unterhose ausziehen und die Kinder durften munter mit zu sehen. Sie kamen wegen Steuerhinterziehung. Die Firma von meinem Vater gab es von da an nicht mehr. Wir zogen von heute auf morgen in den über 300km entfernten Geburtsort von meinem Vater. Es war zunächst der Horror. Von heut auf morgen musste ich eine neue Schule besuchen. In der Schule sollte ich sagen, wo ich wohne. Ich wusste es nicht, weil wir erst am Abend davor ankamen. Da lachten natürlich alle.
Und was eigentlich viel schlimmer als alles andere ist, ist, dass meine Mutter nun keine 5km entfernt wohnte sondern mehrere hundert Kilometer. 3 Autostunden! 6 Zugstunden!
Im Übrigen machte sich damals schon der Frauenverschleiß meines Vaters bemerkbar. In dem Zeitraum von der Trennung und dem Umzug vergingen etwa anderthalb Jahre. In Der Zeit hatte er 3 verschiedene Freundinnen, die auch alle bei uns wohnten.
Nun ja, wir mussten uns damit abfinden, dass wir nun in diesem Ort wohnen. Immerhin hat man hier viele Verwandte, alle Verwandten meines Vaters wohnten ja hier. Und meine Mutter hatte derweilen auch einen neuen Kerl gefunden, zu dem sie zog. Die Distanz ist dann auf 4 Zugstunden und 2,5 Autostunden geschrumpft. Mit dem Zug besuchten wir sie sehr oft. Wir haben und prächtig mit ihrem neuen Kerl verstanden. Aber man sah damals auch, dass es meiner Mutter dabei gar nicht gut ging. Ich kann auch verstehen warum. Sie ist nämlich Mutter aus leidenschaft und von heut auf morgen wohnen ihre Kinder (der jüngste war 7) 300km entfernt von ihr. Von heut auf morgen sieht sie ihre Kinder nur noch alle paar Wochen. Von heut auf morgen kommuniziert man hauptsächlich übers Telefon.
So, ich kann gerade nicht weiter schrieben. Ich möchte das aber auf jedenfall bei Gelegenheit ergänzen. Ich bin immerhin noch nicht fertig. (Es fühlt sich übrigens irgendwie gut an, das alles aufzuschreiben.)