Ich muss mir einfach mal Luft machen.
Meine Mutter hatte es nicht einfach in der Kindheit und als sie 15 war bin ich auf die Welt gekommen.
Als ich ein Kind war, habe ich alles für sie getan. Sie war unselbständig und schwach und hat mir immer gesagt: "hilf mir, ich bin schwach und du bist stark". Ich habe ihre Probleme angehört, ihr nachts Tabletten gebracht. Sie steckte immer in finanziellen Schwierigkeiten und ich habe nachts mit ihr Budget gemacht, ausgerechnet wieviel sie pro Tag noch ausgeben kann. Ich habe mit Versicherungen und Aemter telefoniert und mit dem gelben Büechli Zahlungen gemacht. Mit meinen Sorgen konnte ich nirgends hin, sie hatte schon genug, also konnte ich sie nicht auch noch mit meinen belasten. Ich hatte keine andere Bezugsperson, da mein Vater starb und wir 9 mal umgezogen sind. Ich habe das alles gerne getan, aus Liebe. Heute weiss ich, dass Kinder alles tun, um geliebt zu werden. Eigentlich bin ich immer ihrer Liebe hinterher gerannt und habe sie doch nie bekommen. Ich durfte nicht aus dem selben Glas trinken wie sie, weil sie sich vor mir ekelte, jedoch durfte ich einmal ihre Stuhlprobe in das Röhrchen füllen, weil sie den Geschmack nicht ertrug. Auch noch als Erwachsene war ich immer für sie da. Ich wohnte lange Zeit noch in ihrer Nähe und sie hat mich angerufen, damit ich ihr Besorgungen machen kann oder mit irgendwelchem Zeugs helfe. Jahrelang habe ich es ertragen, dass ich half und danach der Idiot war. Z.B. Steuererklärung ausgefüllt und wenn die Rechnung kam, hat sie mich angeschnauzt, ich hätte sicher etwas falsch gemacht, die Rechnung sei zu hoch usw.
Immer wieder fiel ich auf sie rein und weinte mir danach zu hause die Augen aus. Langsam aber sicher habe ich begriffen, dass ich ihr gar nicht helfen kann. Mehr und mehr sagte ich ihr, sie solle es selber versuchen. Da ich dann auch etwas weiter weggezogen bin, war es für mich einfacher. Vor fünf Jahren hatte sie ihre Stelle die sie 12 Jahre hatte gekündigt, aber keine neue gefunden. Sie rief mich an und sagte, sie würde sich umbringen, wenn sie keine Stelle mehr fände. Ich dachte mir noch während dem Gespräch, ich lasse mich nicht drauf ein. Es ist ihr Leben. Es war Abend und ich ging ins Bett. Um halb zwei erwachte ich schweissgebadet... am nächsten Tag habe ich ihr eine Stelle in "meiner" Firma besorgt. Ich bot ihr an, in meiner Wohnung zu wohnen, bis sie was eigenes gefunden hat und zog vorübergehend zu meinem Freund. Am ersten Tag kam sie schon mal nicht zur Arbeit, weil "sie sich nicht traute". Nach zwei Monaten kündigte sie, weil ich mich zuwenig um sie gekümmert hätte (ich hätte sie immer alleine gelassen in der Wohnung). Mittlerweile wusste die komplette Firma über mein Privatleben Bescheid. Dann wurde ich schwanger. Sie verlangte von mir, dass ich ihre Sachen zügle, mir ging es aber nicht gut in den ersten Monaten und sie beschimpfte mich, es sei eine Schande, so eine Tochter zu haben. Wir hatten ausgemacht, dass sie mir monatlich 500 Fr Miete für die Wohnung bezahlt (das war ein Drittel der tatsächlichen Miete). Sie legte mir, als sie die Wohnung verliess einen Zettel hin. Sie habe mir das Geld überwiesen, obwohl sie es nicht müsste, wenn sie von mir Miete verlangt hätte, als ich ein Kind gewesen war, hätte sie immer noch Geld zugut und sie hoffe, dass mir mein Kind auch einmal dasselbe antun würde.
usw usw.. ich könnte hunderte solche Situationen aufzählen, aber darum gehts eigentlich nicht...
Gestern ruft sie mich an, sie hat sich von ihrem Freund getrennt. Ein Grund sei, dass ihr Freund es nicht ausgehalten habe, mitanzusehen, wie ich sie quäle und sie sich nicht wehre. Ich glaubte, ich sässe im falschen Film.
Es geht mir schlecht. Ich müsste es langsam gewohnt sein, aber es belastet mich. Ich fühle mich immer noch ungeliebt bin 36 und es tut einfach immer noch so weh.