Hallo,
ich habe ein etwas kompliziertes Problem mit unserer "Patchworkfamilie", das ich etwas ausführlicher erläutern muss...
Ich bin verheiratet, 32J., gerade zum ersten Mal schwanger und werde - wenn weiterhin alles gut läuft - im August unser Kind zu hause zur Welt bringen. Mein Mann (40J.) hat bereits eine 10jährige Tochter aus einer früheren Beziehung, die 500km entfernt bei ihrer Mutter wohnt und die in den Ferien jeweils eine Woche bei uns zu Besuch ist. Nun zunächst zu dem grundsätzlichen Problem:
Da ich ja auch fürs Wochenbett in in der darauffolgenden Zeit zu hause sein werde, stellt sich für uns die Frage, wie wir die erwarteten Anfragen von Besuchern/ Babyguckern (Familie) handhaben werden. Die wohnen nämlich alle ganz weit weg (ab 600km aufwärts) und jeder Besuch ist sozusagen ein größeres logistisches Problem für uns, auch wenn wir ein Gästezimmer haben.
Nach dem Befragen meiner Freundinnen mit zu-hause-Wochenbett-Erfahrungen bin ich erst mal zu dem Zwischenergebnis gekommen, dass es wahrscheinlich für uns alle das beste sein wird, wenn wir in den ersten vier Wochen nach der Geburt keine Übernachtungsbesucher hier bei uns haben, auch wenn sie uns noch so viel Arbeit abnehmen wollen. Jede Frau sagte mir bisher, dass insbes. die Frau nach der Geburt ein besonderes Ruhebedürfnis habe und die Zeit auch wichtig für das Paar ist (gemeinsam Kind genießen etc.). Da habe ich eben einfach noch keine Erfahrungswerte...
Für mich ist jedoch die größte Frage nun die folgende: Meinen Eltern wird sich das alles irgendwie vermitteln lassen, aber was ist mit der Tochter meines Mannes? Sie hat in den letzten beiden Jahren übrigens auch noch zwei kleine Geschwisterchen von ihrer Mutter bekommen und kümmert sich ganz verantwortungsvoll um die. Nun ist sie natürlich gespannt auf ihr drittes Geschwisterchen (also unser Kind), redet von kaum etwas anderem und möchte uns aus ihrem "Erfahrungsschatz" in Sachen Kinderpflege etc. natürlich auch eine Menge mitgeben (ein bisschen altklug manchmal.) Ich selbst komme mit ihr von jeher sehr gut klar, auch wenn mich gerade momentan dieses Überinteresse an meiner Schwangerschaft (dauernd auf Bauch fassen wollen etc.) und dem kommenden Familienzuwachs zunehmend auch nervt. Natürlich ist klar: Sie will uns möglichst bald nach der Geburt besuchen (was nach ihrem Ferienplan nur bis in die erste Septemberwoche möglich wäre).
Intuitiv habe ich ihr zwar erst mal zugesagt, dass sie ihr Geschwisterchen natürlich dann schnell kennenlernen wird, aber hinterher habe ich gedacht: Eigentlich ist es mir noch wichtiger, dass ich mit meinem Mann erst mal die neue Dreisamkeit genieße, bevor seine Tochter gleich noch mit dazustößt (zumal mit ihrem momentanen Übereifer). Und somit habe ich, was sie betrifft, eigentlich eine ähnliche Befürchtung wie bei den anderen Besuchen nach der Geburt: Es wäre mir lieb, wenn sich das ganze maximal auf ein Wochenende beschränken könnte, möglichst nicht in den ersten vier Wochen nach der Geburt. Und ich möchte mir vorbehalten, mich einfach jederzeit zurückzuziehen (z.B. auch zum Stillen), ohne dass ich gleich lauter Zuschauer und Ratgeber um mich herum habe. Ich finde das schon ein bisschen belastend, dass so ein neues Kind gleich schon so ein öffentliches Ereignis wird.
Mein Mann sieht das verständlicherweise etwas anders: Er hat die Befürchtung, seine Tochter könnte sich gerade ausgeschlossen fühlen, wenn wir sie nicht von Anfang an (wie bei einem "richtigen" Geschwisterkind ja auch) mit dabei haben und sie die Chance hat, an dem ganzen Geschehen (Stillen/ Zu-Bett-geh-Rituale/ Anziehen etc.) aktiv teilzunehmen. Dazu kommt noch, dass mein Mann bei der Geburt seiner Tochter selbst nicht dabei sein durfte, sie auch lange Zeit nur selten sehen durfte und dadurch ohnehin schon immer ein schlechtes Gewissen bei dem Gefühl hat, dies sei nun seine erste "richtige" Schwangerschaft und Geburt.
Ich bin mir unsicher, wie wir uns verhalten sollen: Grundsätzlich sagt mir meine Erfahrung, dass es in einer Patchworkfamilie für Kinder oft viel einfacher ist, die komplexen Familienverhältnisse zu begreifen, als wir Erwachsenen immer befürchten. Gerade wenn die Erwachsenen miteinander im Reinen sind (und in dieser Hinsicht sind die "Fronten" bei uns geklärt: wir können alle miteinander reden). Ich habe also nie viel davon gehalten, "Kernfamilie" zu spielen, wo keine ist, sondern habe immer viel Energie reingesteckt, die Paarbeziehung selbst zu stärken, ohne die Tochter meines Mannes dabei leugnen zu wollen oder auszuschließen. Von daher wahrscheinlich nun auch mein Wunsch, dass wir uns erst einmal zu zweit die Chance geben, Zeit für unser wirklich erstes gemeinsames Kind zu nehmen und erst in einem zweiten Schritt - und somit aus einer etwas entspannteren Situation heraus - die Tochter meines Mannes bewusst mit einzubeziehen. Liege ich da völlig daneben? Wer von Euch hat Erfahrungen mit ähnlichen Konstellationen gesammelt - insbesondere in der schwierigen Situation direkt nach einer Geburt?
Ich freue mich auf Eure Antworten!
weizengold