So!!!
eine waldorfschule mach keine sooooo großen unterschiede zu einer staatlichen gesamtschule ich bin in der neunten klasse einer waldorfschule und vom lernstoff nicht stark entfernt von dem einer staatlichen neunten klasse
Unter jede Klassenarbeit schreibt der Lehrer ausführlich, wo die Stärken und Schwächen des Einzelnen liegen. Kein Aufsatz, an dem der Schüler eineinhalb Stunden gearbeitet hat wird mit einer Zahl zwischen 1 und 6 und drei Sätzen vom Lehrer abgetan, nein in so einer Schülerarbeit lässt sich viel mehr entdecken, loben, kritisiere, anmerken, tadeln, bewundern - bei Waldorflehrern reicht das für eine halbe Seite Text.
Kein Schüler fühlt sich bei soviel Beachtung des Lehrers als Versager. Wenn jemand dann nach der 10. Klasse seinen Hauptschulabschluss macht und die Waldorfschule verlässt, tut er dass mit einem prall gefüllten Rucksack Allgemeinwissen auf den Schultern. Er hat genauso viele Gedichte auswendig lernen müssen wie jeder Gymnasiast, hat Heldensagen gehört, sich mit Kunstgeschichte auseinandergesetzt. Warum er die Schule mit Hauptschulabschluss verlässt? Na weil er Bretter durchsägen kann wie andere Menschen Butter schneiden, den Geruch von frischen Holz liebt und lieber Schreiner werden will als sich noch länger mit Goethe und Logarithmen zu beschäftigen.
Der eine liebt es Zahlen zu drehen, zu schleifen, zu verzahnen, der andere macht das eben lieber mit Holz, und Abends gehen sie in die gleiche Kneipe und haben den gleichen Gesprächsstoff. Gut, der eine wird sein Abi machen, der andere hat seinen Hauptschulabschluss, aber ist das wichtig? Wäre der eine jedoch nach der Grundschule ins Gymnasium gekommen und der andere auf die Hauptschule, würde sie sich treffen und hätten sich vielleicht nicht zu sagen. Hinterher würde der eine über den anderen und der andere über den einen lästern. Was fehlen würde, wäre der Respekt, die beide vor den Fähigkeiten des anderen haben.
Schaut man die Schulsysteme in den Skandinavischen Ländern an, die uns bei PISA locker abhängen, findet man ähnlich Ansätze wie bei Waldorfs. Es geht darum, starke Menschen zu erziehen, die ihren Platz in der Gesellschaft finden und diese dadurch, dass sie ihre Stärken und Schwächen kennen, bereichern. Man möchte den Kindern eine ganzheitliche Schulausbildung zu teil werden lassen und keine rückgratlosen Fachidioten heranzüchten um die Wirtschaft anzukurbeln.
Anstatt sich jedoch daran ein Beispiel zu nehmen wirken die Ansätze unserer Bildungsreformen eher wie ein Versuch Weihnachtsgänse zu stopfen. Noch mehr Wissen in Schülerhirne pressen und weil sich dagegen jedes normale Kind sträubt, eben mit den nötigen Druck. Kinder und Schüler werden nicht mehr als Kinder und Schüler mit eigenen Bedürfnissen, individuellen Fähigkeiten und unterschiedlichen Charakteren wahrgenommen, sondern nur noch als zukünftige Arbeitnehmer und Führungspersönlichkeiten vereinhaltlicht. Wer nicht gut genug ist, bleibt sitzen oder wird in die Hauptschule abgeschoben, wo es mit dem Bildungsstandard dann wirklich richtig bergabgeht. Wer war noch mal Goethe?
Dabei hat der Chefredakteur der Financial Times auf der Bundesfrauenkonferenz der Grünen, die Sache vollkommen auf den Punkt gebracht: Es fehlt uns nicht an Menschen mit fachlicher Kompetenz, sondern an Menschen mit sozialer Kompetenz; fehlt diese, ist das Scheitern vorausprogramiert Wollen wir also unsere Produktivität steigern und aus unseren Schülern Menschen, meinetwegen auch Führungskräfte machen, die unsere Gesellschaft voranbringen, dann geht der Trend in Richtung eines humanen Schulsystems. Weg von der Methode, unnötig Leistungsdruck zu produzieren. Ein Schulsystem in dem man Respekt gegenüber anderen lernt, Zeit hat sein Selbstbewusstsein aufzubauen und seine Kreativität zu entfalten. Ein Schulsystem Waldorf-like, für alle Schüler, wäre jetzt endlich mal mehr als nur angebracht .