Das kenne ich ...
Hallo Adele,
was kann ich dir zu deiner Geschichte sagen? Ich glaube es ist kein richtiger Rat o.Ä. - aber vielleicht ein Trost ...
Ich bin erst seit kurzem bei gofemin, da ich aus eben jener von dir bschriebenen Problematik nach Menschen suche, die velleicht in einer ähnlichen Lage stecken. Ich bin zwar erst 22, aber ich habe ebenfalls bereits keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern. Ähnlich wie du habe auch ich eine sehr selbstsüchtige Mutter, die immer versucht hat, alles zu kontrollieren. Sie redete mir auch ständig in meine Beziehungen hinein, wollte meine Berufswahl mitbestimmen usw. - ein Grund dafür ist wohl der Neid, den viele Mütter gegenüber ihren Töchtern empfinden. Aus Angst in ihrem Schatten zu stehen, tuen sie die verücktesten Dinge, um die Töchter "klein" zu halten. Es gibt dazu übrigens ein interessantes Buch von Mathias Jung. Es heißt "Schneewittchen - Der Mutter-Tochter-Konflikt" ...
Schon als Jugendliche habe ich zunehmend unter diesen ganzen Problemen gelitten und als ich dann vor 2 Jahren eine Therapie begann, habe ich auch bald den schweren Schritt gewagt und den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen. Auch zu meinem Vater habe ich leider keinen Kontakt mehr. Er lebt zwar seit über 10 Jahren nicht mehr mit meiner Mutter zusammen, aber er ist ein sehr schwacher Mann. Als ich den Kontakt zu meiner Mutter abbrach und indirekt nun seine Unterstützung forderte, war es bald aus und er hat sich nicht mehr gemeldet.
Das ist eine schreckliche Situation. Man weiß nicht weiter. Es ist so schwer, ohne (Herkunft-)Familie zu leben ... allerdings tut es gut, zu sehen, dass es scheinbar gar nicht so wenigen Menschen ähnlich geht. Velleicht können wir uns da gegenseitig helfen ... :-)
Was das Problem mit deinem Vater angeht, so glaube ich, es ist wichtig, dass du das tust, was für dich selbst am besten ist. Wenn du glaubst, dass es dir wichtig ist, ihn noch einmal zu sehen, bevor er möglicherweise stirbt, dann solltest du das auch tun. Wenn du jedoch glaubst, dass die Begegnung mit ihm (und vielleicht auch deiner Mutter) für dich sehr schmerzhaft ist und dich letztlich nur fertig macht, dann ist es besser nicht hinzugehen.
Du kannst ja deinem Vater nicht helfen - du kannst nur für dich selbst sorgen.
Was die Schuldgefühle angeht, da habe ich auch langjährige Erfahrung. Eugen Drewermann schreibt in "Taten der Liebe", Schuldgefühle seien "auf dem Weg zur Freiheit eine Zeitlang nötig", aber man müsse trotzdem auf sein Recht auf ein eigenes Leben vertrauen und den eigenen Weg gehen. Vielleicht ist es ganz normal, dass wir uns unseren Eltern gegenüber zunächst sehr schuldig fühlen. Nicht zuletzt, wenn sie immer wieder betont haben, wie viel sie für uns getan hätten (ich glaube, gute Eltern hätten es gar nicht nötig,das zu beteuern). Trotzdem glaube ich, dass es unsere einzige Schuld ist, uns selbst Gutes zu tun und den Menschen, die uns anvertraut sind - dem Partner, den Kinder, was auch immer. Unsere Eltern haben sich schließlich freiwillig entschieden, Kinder zu haben. Sie dürfen uns unsere Existenz und die Pflege die wir notwendigerweise von ihnen erfahren haben, nicht zum Vorwurf machen ...
Ich hoffe meine Gedanken haben dir ein wenig geholfen. Viele Grüße!
Demiana