Liebe bibi
das ist sehr traurig, was bei euch in der familie geschehen ist. es ist ein drama und nicht zu unterschätzen. deinem sohn scheint in einer sehr entscheidenden und prägenden phase komplett die aufmerksamkeit gefehlt haben, bei so vielen jüngeren geschwistern, die ihre mutter fordern ist das kein wunder. bitte sieh meinen beitrag nicht als vorwurf an, sondern als verständniswerbung für deinen sohn, obwohl es inzwischen schon 3 vor 12 ist...
dein sohn stört, weil er sich auf diese art und weise aufmerksamkeit verschaffen kann. die aufmerksamkeit, die er in jüngeren jahren dringend benötigt hätte. mit so einem vater und so vielen geschwistern bietet das leben keine lebensqualität sondern lediglich quantität, geordnete strukturen sind kaum noch möglich, das chaos ist hausgemacht und vorprogrammiert. du kannst ihm für das was er tut keinen vorwurf machen, er ist durch sein elternhaus geprägt worden, du warst noch zu jung und hast deine familie nicht geplant, deine kinder sind gekommen wie noch um die jahrhundertwende, als es keine wirksamen verhütungsmittel gab. du hättest planen können, vielleicht hast du es aber auch selber nie über ein intaktes elternhaus gelernt sondern möglicherweise nur das fortgeführt, was du selber als kind gelernt hast.
die strukturen sind komplett durcheinander bei euch, und alleine wirst du das niemals schaffen. wußtest du, dass du eine familien- und haushaltshilfe von den charitas in anspruch hättest nehmen können? profamilia berät auch hier, leider wird man in den öffentlichen behörden so gut wie gar nicht beraten.
du mußt auch an die kleineren kinder denken, denen er natürlich in ermangelung eines anständigen vater nun vorbild ist. in ein erziehungsheim stecken klingt unglaublich traurig, aber du wirst doch nicht mehr mit alledem fertig! in einem betreuten heim könnte dein kind aber durchaus die aufmerksamkeit bekommen, die er all die jahre aufgrund der tatsache, einer von vielen zu sein, entbehren mußte. der älteste hat es immer am schwersten, sobald die geschwister kommen, muß er meistens "der große und vernünftige" sein, auch wenn er selber noch klein ist. ich vermute mal, das dies hinzukommt und er nun alles unmögliche anstellt um - wenn er schon nicht deine ungeteilte liebe bekommt - sich auf diese art aufmerksamkeit verschafft. rauchen, die sache mit dem hund, kriminelle handlungen - all dies ist ein verzweifelter schrei nach aufmerksamkeit und ein komplett verrutschtes weltbild, das sein vater ihm durch seine eigene infantilität vermittelt hat. was du tun kannst: schau dich nach einem sehr guten heim um mit sehr guten bezugspersonen. vor allen dingen männlichen bezugspersonen, die deinem sohn halt geben können, den er nun UNBEDINGT braucht. bei dir kann er diesen halt nicht finden, ich sehe es in deinem fall eher als positiv an, wenn er von ausserfamiliärer seite halt und förderung erfährt. er braucht liebevolle - aber auch gleichzeitig sehr strukturierte und strenge zuwendung. er braucht förderung!
ein offenes heim mit geregelten besuchszeiten. ihr könnt ihn dort besuchen, er kann euch auch wöchentlich besuchen. in der schule wäre eine i-klasse für ihn am besten, mit sehr gefestigten und speziell dafür ausgebildeten lehrern.
bis dahin kannst du nur auf dringlichkeit plädieren und dich auf den ämtern und beim arzt nicht abwimmeln lassen. das wäre das, was ich persönlich machen würde. ich würde meinem kind mit dieser häuslichen trennung eine perspektive ermöglichen, die er bei mir nicht haben könnte, gezielte förderung und ein strukturiertes umfeld. vor allen dingen kannst du versuchen ihm zeit zu schenken, die ihm mir dir ganz alleine gehört. er braucht das! bei so vielen kinder mußt du jedem kind gerecht werden, wobei die später geborenen das meistens nicht so schwer haben wie der erstgeborene. schenke deinem sohn die liebe und die zeit, die er braucht. sieh nicht nur das schlechte ihn ihm, sondern schau auch auf seine stärken, die auch er besitzen wird. vielleicht blüht er in einem neuen und fremdbetreuten umfeld regelrecht auf, und ist bei euch eher untergegangen? wie gesagt, dies sind alles nur spekulationen von mir, wenn dies alles nicht zutrifft, dann fühle dich bitte einfach nicht angesprochen.
noch kann man das ruder herumreißen, auch wenn es schon schwieriger wird. hast du denn jemals bücher zu diesem thema gelesen? hast du dich speziell mit jungs beschäftigt?
bitte lies doch einmal von steve biddulph "jungs", dort werden dir viele zusammenhänge erklärt. es ist wichtig, dass du dein kind erst einmal verstehst und um die zusammenhänge weisst. dann kannst du gezielt die richtung wechseln und durch neu gewonnene erkenntnisse andere wege gehen. das leben in einer einrichtung muß nicht für immer sein, vielleicht reichen ein paar monate aus? nur: die ganze familie muß umlernen, nicht nur er. er ist durch prägung zu dem geworden was er ist, und ist nicht unbedingt "ein schlechter junge". er zeigt große mängel auf durch eine nicht vorhandene vaterfigur und eine große geschwisteranzahl. ihr könnt das aber aber alle schaffen! nur mußt du erst einmal erkennen, dass dein junge nicht "böse" ist und mußt vor allen dingen auch ihn, dich selber und deine familie erkennen. dann kannst du schritt für schritt etwas ändern und zum guten wenden. das kostet zeit und kraft. doch du kannst hilfe in anspruch nehmen.
ich drücke dir alle daumen und glaube, dass ihr das durchaus schaffen könnt!
liebe grüße, liebe bibi!
shnf