nero_12138021Remo Largo
das ist ein sehr renommierter Kinderpsychologe/forscher.
Der untere Text ist ein Auszug zu einer Stellungnahme zum Thema kindliches Spiel, aber er sagt darin auch etwas zum Thema Geborgenheit und der Notwendigkeit Muße und Zeit in die Erziehung einfließen zu lassen. Muße und Zeit kommen aber unweigerlich abhanden, wenn die Mütter zur Arbeit hetzen, abends gestreßt wiederkommen und die Sprößlinge gerade mal nur wieder ins Bett verfrachten können.
"...Wie Remo Largo eindrücklich herausgearbeitet hat, gibt es vom frühen Säuglingsalter an d.h. schon vor dem Entstehen einer personenspezifischen Bindung eine wichtige Voraussetzung für das Spielerische: ein körperliches und seelisches Wohlbefinden, Geborgenheit und Sicherheit in der Beziehung zu seinen wichtigsten Betreuungspersonen. In allererster Linie kommt daher den Eltern die Rolle zu, diese Grundbedürfnisse des Babys zu erfüllen.
Darüberhinaus sieht die Rolle der Eltern auf den ersten Blick eher bescheiden aus: kein Baby-Curriculum, kein Beschäftigungsprogramm, keine Förderaktivitäten. Das Wichtigste überhaupt ist das, was mit dem altdeutschen Begriff "Muße" umschrieben ist: Zeit haben, sich Zeit nehmen, sich einlassen. Genau das ist jedoch in den Zwängen der heutigen Zeit und Lebensweise zu einem kostbaren, ja bedrohten Gut geworden, einer Lebensweise, die durch Hektik, Stress und volle Terminkalender geprägt ist, die bis in Freizeit, Urlaub, Spaß und Auszeiten hinein verplant und vermarktet ist, einer Lebensweise, in der nicht einmal rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett ein Innehalten mit Zeit und Muße für Erholungspausen zugestanden wird.
Das Spiel bietet Eltern eine unersetzbare Chance, sich auf das dem Baby eigene Tempo einzulassen, sich im Zwiegespräch mit dem Baby, im nonverbalen und verbalen Austausch in seine Erfahrungswelt hineinnehmen und sich dabei von ihm leiten zu lassen. Auch das ist angesichts der Verführungen und vermeintlichen Förderangebote des boomenden "Babymarktes" alles andere als leicht. Die Angst, in der Frühzeit etwas an Fördermöglichkeiten zu verpassen, und die Sorge, ob sich ihr Kind einmal im Leistungswettbewerb von Gesellschaft und Berufswelt wird durchsetzen können, bringen die Eltern von früh an unter Druck und machen sie für das verwirrende Angebot an widersprüchlichen Empfehlungen, Elternratgebern und Smart-Baby-Programmen anfällig: für pränatale Sprachkurse, Babyschwimmen, Laufschulen, Lernspielzeuge aller Art, Baby-CDs, Baby-Fernsehen und Frühfördervideotheken.
Die aktive Aufgabe der Erwachsenen liegt vor allem darin, dass sie die Lebenswelt des Kindes so gestalten, dass sie sicher genug ist und das Kind vor Gefahren schützt, und dass sie dem Kind entwicklungsspezifische Erfahrungen ermöglicht. Zu dem Schutz vor Gefahren gehört heute mehr denn je auch das Abschirmen vor einer Überflutung mit Reizen. Auch das fällt Eltern heute zunehmend schwer. In der heutigen Medienwelt und Lebensweise selbst einer permanenten Flut von Eindrücken mit rasanter Abfolge von intensiven, erregenden, sensationellen Informationen ausgesetzt, gelingt es vielen Eltern kaum zu pausieren, zur Ruhe zu kommen, Auszeiten und ein bisschen Langeweile auszuhalten. Babys nehmen sich in der Regel bereits in den frühen Aufmerksamkeitszyklen ihre kleinen Auszeiten, wenden sich ab, wenn sie eine Pause zum "Verdauen" des Erlebten brauchen. Allzu oft wird dies jedoch von Eltern, die selbst von innerer Unruhe getrieben sind, als Zeichen von Langeweile fehlgedeutet und mit neuen Spielzeugangeboten beantwortet."